Die Meinungen über die Verursacher gehen auseinander, genauso wie die moralischen Bewertungen, aber in einer Hinsicht ist sich das gesamte Internet einig - es muss unbedingt eine Moralkeule geschwungen werden.
Da gibt es die eine Fraktion, die zuallererst ihre tiefe Trauer und ihr Mitgefühl zum Ausdruck bringen muss, für Leute die sie nicht kennt und mit denen sie nichts, aber auch rein gar nichts zu tun hat, und die sich im Gegenzug einen Scheißdreck für sie interessierten, wenn ähnliches hierzulande passieren würde.
Dann gibt es noch die Leute, die meinen sie müssten unbedingt für die Russen agitieren, teilweise weil sie das Märchen vom unbesiegbaren Iwan glauben, der nur deswegen so arm ist und zur Gewalt greifen muss weil der Westen ihn dazu nötigt, oder weil sie aus simplen Antiamerikanismus und reinstem dualistischen Denken meinen das Neozarentum sei die Antithese zum linksdegenerierten Westen.
Und dann gibt es natürlich noch den Linkskrebs, der im Prinzip nur das nachplappert was irgendwelche Nato-Denkfabriken heucheln, wobei die Stoßrichtung natürlich gegen rechts gerichtet ist, aktuell vertreten durch putinversteherische AfD-Sympathisanten.
Primitive Besserwisserei, naiv-infantiles eindimensionalem Denken und Herabsetzung mittels altkluger Definitionen prägen diese Schlammschlacht. Dabei gibt es hier eigentlich nichts zu diskutieren und überhaupt muss ich mich selbst dafür tadeln mich mit diesem vorhersehbaren Unsinn auseinandergesetzt und somit Zeit verschwendet zu haben.
Wie aber sollten wir all das, meiner Meinung nach, bewerten?
Dazu ein paar einfache Fakten:
Menschen haben sich schon immer gegenseitig getötet. Das ist zwar nicht der alltägliche Normalfall, historisch betrachtet aber die Regel.
Ich bin kein Russe, Ukrainer, Moslem oder in sonst irgendeiner Weise tangiert.
Niemand, wirklich niemand, der irgendeinen Einfluss auf die Geschehnisse ausüben kann interessiert sich für das was ich darüber denke oder moralisch urteile
Moral dient der Verringerung von Reibungsverlusten innerhalb einer Gemeinschaft, sie existiert daher immer nur in Relation zu eben jener Gemeinschaft und ist niemals absolut. Deswegen ist auch so unsinnig Dinge moralisch bewerten zu wollen, die vollkommen außerhalb der eigenen Gesellschaft und Lebenswelt stattfinden, in einem fremden Land mit komplett anderen Verhältnissen.
Deswegen sage ich: wir sollten hier überhaupt nichts bewerten. Für uns rechte Deutsche spielt das aktuell keine Rolle und wir sollten nicht den Fehler begehen uns aus irgendwelchen rationalen Erwägungen an irgendeine fremde Macht binden zu wollen. Das nämlich ist der Weg des Schwachen, unser Weg aber sollte es sein zur eigenen Stärke zu finden.
Und dies können wir erreichen indem wir die drei Wirkkreise des menschlichen Daseins erkennen: Individuum, Gemeinschaft, Gesellschaft.
Wer an sich selbst, also auf der individuellen Ebene, arbeitet, der kann seinen Wirkkreis vergrößern, bis er so viel Einfluss hat, dass andere auf ihn hören - der Wirkkreis der eigenen Gemeinschaft. Und wer dort genug Einfluß hat der wird wohl möglich zu höherem berufen und kann durch sein Tun die Gesellschaft oder den Staat formen.
Das aber erfordert das proaktives Handeln innerhalb des eigenen Wirkkreises, und dieser muss entsprechend erkannt werden. Das Gegenteil sind dann diese Helden des Internets, die nicht einmal ihr eigenes Leben im Griff haben aber meinen sich mit Millionen anderer im Internet über Geopolitik zanken zu müssen - wo sie dann auch nicht mehr anzubieten haben als ihre übersozialisierte, dysfunktionale Moral.
Das ist was passiert wenn Menschen außerhalb ihres Wirkkreises und Horizontes agieren. Dabei kann man den eigenen Kreis nur vergrößern indem man in ihm handelt. Für die allermeisten Menschen heißt das Arbeit an sich selbst und an ihren Familien. Man stelle sich nur mal vor wie wenig man unser Volk manipulieren könnte, würde sich der Otto-Normal Deutsche um seinen eigenen Scheiß kümmern statt um Abstrakta wie Klima und globale Gerechtigkeit.
Und damit sind wir wieder bei den Klassikern - Meditation, Sport etc.
Es ist übrigens gerade Frühling geworden. Geht doch mal raus spazieren. Dazu müsst ihr nicht erst bis zur nächsten Sonnenwolfwanderung warten.
Dieser Beitrag ist zuerst im Sonnenwolf Nr.147 erschienen.